Verbot der privaten Handynutzung während der Arbeitszeit ist mitbestimmungspflichtig

Arbeitsgericht München, Beschluss vom 18.11.2015 – 9 BVGa 52/15 –

Möchte der Arbeitgeber die private Handynutzung während der Arbeitszeit generell untersagen, bedarf dies der Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG

Die Entscheidung

Der Beklagte Arbeitgeber wies alle Mitarbeiter in einer als Rundschreiben verfassten E-Mail an, aufgrund übermäßiger Handynutzung in der Vergangenheit zukünftig jegliche Handynutzung zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit zu unterlassen.

Der existierende Betriebsrat war mit dem generellen Verbot nicht einverstanden und klagte im einstweiligen Verfahren auf Unterlassung des Verbots vor dem Arbeitsgericht München. Er ist der Ansicht, ein solche generelles Verbot unterliege der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Es differenziere nämlich nicht zwischen den verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten eines Smartphones und tangiere damit teilweise auch die betriebliche Ordnung i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.

Der Arbeitgeber argumentierte, die Nutzungsuntersagung betreffe nicht die betriebliche Ordnung, sondern die Art und Weise der Arbeitserbringung, die nämlich nicht durch private Telefonate und das Lesen oder Schreiben privater Nachrichten unterbrochen werden soll.

Das Arbeitsgericht München gab dem Antrag des Betriebsrats im Beschlusswege statt. Nicht jede Handynutzung führe zu einer Arbeitsunterbrechung, so das Arbeitsgericht München unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu möglichen Recht auf Mitbestimmung eines Betriebsrats bei der Untersagung des  Radiohörens während der Arbeitszeit. Ein Mobiltelefon diene heute nicht nur der Kommunikation sondern könne zum Beispiel auch zum Musikhören genutzt werden, so das Arbeitsgericht weiter in seiner Begründung. Auch wäre das gelegentliche Betrachten des Displays zur Kontrolle eingegangener SMS möglich, ohne die Arbeit nennenswert zu unterbrechen. Diese und nach Ansicht des Arbeitsgerichts München weiteren „vielfältigen“ Nutzungsmöglichkeiten eines Handys, die nicht zwingend zur Arbeitsunterbrechung führen müssen und damit eine Frage der betrieblichen Ordnung darstellten, machten ein generelles, also hinsichtlich der verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten undifferenziertes Verbot mitbestimmungspflichtig gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.

Bedeutung für die Praxis

Arbeitnehmer sind verpflichtet, die Ihnen übertragenen Arbeiten konzentriert und ordnungsgemäß zu erledigen. Dass private Telefonate oder das Lesen und Versenden privater Kurznachrichten oder E-Mails hierbei eine erhebliche Ablenkung bedeuten können und jeweils zur Unterbrechung der Arbeit führen können, liegt nahe. Zwar  stellt das Arbeitsgericht München zutreffend auf die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten eines modernen Smartphones ab. Es fragt sich allerdings, wie der Arbeitgeber in der Praxis den Umgang seiner Angestellten mit erlaubten und unerlaubten Nutzungen wirksam kontrollieren soll.

Das LAG Rheinland-Pfalz hat vor einigen Jahren in einem ähnlichen Fall auch anders entschieden (Beschluss vom 30.10.2009 – 6 TaBV 33/09), allerdings ohne sich allzu konkret mit der Problematik der unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen. Bis es zu diesem Problem eine gefestigte Rechtsprechung gibt, kann nur empfohlen werden, sich mit dem Betriebsrat auf ein generelles Verbot des Handys zu privaten Zwecken zu einigen und hierbei aber die Erreichbarkeit der Arbeitnehmer per Diensthandy oder Haustelefon in dringenden privaten/familiären Angelegenheiten während der Arbeitszeit zu gewährleisten. Und kommt eine Einigung nicht zustande, sollte die Einigungsstelle angerufen werden.