Unwirksame Rückzahlungsklausel in Fortbildungsvereinbarung

– BAG, Urteil vom 01.03.2022 – 9 AZR 260/21 –

Ist ein Arbeitnehmer gemäß einer Rückzahlungsklausel in einer Fortbildungsvereinbarung im Falle einer Eigenkündigung zur Rückzahlung verpflichtet, ohne dass die Klausel nach dem Grund der Kündigung differenziert, ist die Rückzahlungsverpflichtung unwirksam.

Die Entscheidung

Eine Rehaklinik verklagte eine ehemalig bei ihr als Altenpflegerin beschäftigte Arbeitnehmerin, die das Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung beendet hatte, auf anteilige Rückzahlung der Kosten einer Fortbildung. Über die mehrwöchige Fortbildung, deren Kosten sich insgesamt auf über 4.000,- EUR beliefen, hatte die Arbeitnehmerin mit der Arbeitgeberin zuvor eine Fortbildungsvereinbarung getroffen, wonach diese die Kosten der Fortbildung übernahm. Die Fortbildungsvereinbarung sah dabei indes einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses von mindestens 6 Monaten im Anschluss an die Fortbildung vor. Bei vorzeitigem Ausscheiden – bspw. aufgrund einer eigenen ordentlichen und nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Kündigung – sollte die Arbeitnehmerin zur anteiligen Rückzahlung der Fortbildungskosten in Höhe von 1/6 der Gesamtkosten für jeden Monat, den das Arbeitsverhältnis früher endete, verpflichtet sein.

Das BAG wertete die Rückzahlungsklausel zunächst als eine Allgemeine Geschäftsbedingung, da es sich bei den in der Fortbildungsvereinbarung getroffenen Abreden um (von der Arbeitgeberin) vorformulierte Vertragsbedingungen handelte. Ferner sahen die Bundesrichter in der Rückzahlungsklausel eine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 2 BGB, so dass die Rückzahlungsverpflichtung gem. § 307 Abs. 1 unwirksam war. Zur Begründung führte das BAG an, dass die Rückzahlungspflicht sämtliche Eigenkündigungen des Arbeitnehmers, die nicht auf einem vom Arbeitsgeber zu vertretenen Grund beruhten, erfasse. Damit erstrecke sich der Anwendungsbereich auch auf eine Kündigung, die der Arbeitnehmer ausspreche, weil er unverschuldet und ohne Verursachungsbeitrag des Arbeitsgebers aus Gründen in seiner Person dauerhaft nicht (mehr) in der Lage sei, die Qualifikation im Rahmen der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung zu nutzen. Eine solche Rückzahlungsklausel führe zu einer unangemessenen Benachteiligung und sei daher unwirksam. Zwar seien einzelvertragliche Vereinbarungen über die Rückzahlung von Fortbildungskosten grundsätzlich zulässig. Es sei aber nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen.

Bedeutung für die Praxis

Rückzahlungsklauseln in Fortbildungsvereinbarungen bergen für Arbeitgeber seit jeher zahlreiche Fehlerquellen, die zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel – und damit der Rückzahlungsverpflichtung – führen können. Mit der aktuellen Entscheidung des BAG werden die Anforderungen an die Wirksamkeit von Rückzahlungsklauseln durch das geforderte Maß an Detaillierung noch einmal erhöht. Der Arbeitgeber muss also nicht nur die ggf. zurückzuzahlenden übernommenen Kosten vollständig transparent darstellen und die Bindungsfrist zutreffend berechnen, sondern auch bei dem die Rückzahlungsverpflichtung auslösenden Beendigungstatbestand der Eigenkündigung danach differenzieren, ob diese auf vom Arbeitnehmer zu vertretenen Gründen beruht oder nicht. Andernfalls ist die Rückzahlungsklause unwirksam und eine Rückzahlungsverpflichtung somit nicht durchsetzbar. Vor dem Abschluss von Fortbildungsvereinbarungen sollte daher immer rechtlicher Rat eingeholt werden; bereits abgeschlossene Vereinbarungen sind auf den Prüfstand zu stellen.